Im Yemen nichts Neues

Felix Baumann
3 min readOct 27, 2020

Manchmal muss es sehr bitter sein, damit trotzdem jeder schweigt. Sehr bitter ist es derzeit in Syrien und im Yemen. Die deutsche Außenpolitik, formschön vertreten durch den bestgekleideten Mann Deutschlands (Quelle: Gala), hält sich in beiden Konflikten vornehm zurück. So auch die deutsche Presse, weitestgehend.

Daher ein Update für alle, die genug über Covid19 gelesen haben. Falls es euch gibt.

Worum geht es im Konflikt, wer gegen wen?

Yemen, das ärmste Land der Arabischen Halbinsel, ist seit 2014 im Krieg. Offiziell ist es ein Bürgerkrieg zwischen Huthi-Rebellen und international anerkannter Regierung. Letztere bat Saudi-Arabien um Hilfe und die Saudis leiten seitdem eine Koalition, die unter hohen zivilen Verlusten, das Land bombardiert. Erstere sind überraschend gut bewaffnete und bestens organisierte Kämpfer, die ursprünglich eine weitere Demokratisierung des Yemen und Neuwahlen forderten. Immer wieder wird, mit steigender Deutlichkeit, die Unterstützung der Rebellen durch den Iran suggeriert, was den Konflikt zu einem Proxy-war zwischen den zwei Platzhirschen in der Region machen würde. Belastbare Belege für diese Theorie bleiben jedoch rar. Auch ein Konflikt zwischen Sunniten und Shiiten wird beschrieben, spielt aber höchstens eine untergeordnete Rolle.

Man kämpft nicht gerne allein: Wer liefert Waffen?

An Seite der Saudis kämpfen direkt einige lokale Staaten, offen und aktiv wird die Koalition durch die Amerikaner unterstützt, während eine Reihe europäischer Staaten direkt und kaum verborgen Waffen und Ausrüstung liefert. Der Konflikt ist eine Goldgrube für die geschwächte Rüstungsindustrie.

Was machen die lästigen Rechthaber?

Die Vereinten Nationen verurteilten einzelne Kriegshandlungen und den gesamten Konflikt mit zunehmender Vehemenz. 2017 verurteilte der UN-Menschenrechtsrat die Seeblockade gegen den Jemen als unrechtmäßig und benannte sie als ursächlich für die andauernde Verletzung der grundlegensten Menschenrechte, wie dem Recht auf Nahrung (Quelle). Außerdem wertete ein Berufungsgericht in UK Waffenverkäufe der Regierung an Saudi-Arabien als rechtswidrig, da zivile Opfer billigend in Kauf genommen wurden (Quelle).

Laut Human Rights Watch kommen international geächtete Waffen, wie Landminen und Streumunition, zum Einsatz. Außerdem werden Wohngebiete und zivile Einrichtungen bombardiert. Saudi-Arabien hat in mehreren Fällen Krankenhäuser, Gefängnisse und Schulbusse bombardiert, währen die Huthis Landminen auf Feldern platzierten, Scharfschützen gegen Zivilisten einsetzten und Kinder rekrutierten (Quelle).

Was machen die Machthaber?

Weder die Amerikaner, noch Franzosen oder Briten interessiert das. Die Verkäufe gehen munter weiter, und auch in Deutschland ist Saudi-Arabien und Co. sind weiter gern gesehene Gäste im Verteidigungsministerium. Allein zwischen 2015 und 2017 verkaufte Deutschland Waffen in Wert von einer Millarde Euro an die Saudis. Deutsche Zulieferer bauen am Eurofighter mit, dem wichtigesten Kampfflugzeug der Saudis und eine italienische Tochter von Rheinmetall exportiert Bomben in das Königreich (Quelle). Der Bundestag bleibt derweil zahn- und interesselos.

Was macht Deutschland?

Die deutsche Öffentlichkeit wusste lange nichts über den anhaltenden Konflikt, es schien ganz so, als habe die Presse die Relevanz des Konflikts einfach unterschätzt. Erst als die UN den Yemen als größte humanitäre Katastrophe bezeichnete und Cholera im Yemen umging, wie nirgendwo sonst in der Welt, kam mildes Interesse auf. Mittlerweile fällt der Name aber nur noch als poteniteller Abschussort für iranische Drohnen. Menschenrechtsverstöße von Partnern zu thematisieren oder gar eine Offerte im UN-Sicherheitsrat (ja, da sitzen wir derzeit drin, wer hätte das gedacht) zu starten, bleiben jedoch lachhaft naiv.

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Felix Baumann

Writer of prose and poetry, intersted in F1, Sustainable Agriculture and Data Visualisation. Lives in Stuttgart, Germany.